Lexikon

Freitag, 6. Juni 2014

Alles auf Anfang!

Ich hab mich entschieden... nach 14 Jahren Vollzeitselbständigkeit im Handwerk  werde ich nun aufhören.

Damals als ich anfing hab ich niemanden an meiner Seite gehabt, mich nach niemanden richten müssen :  Einfach kopfüber in die Selbständigkeit rein, irgendwie noch nebenbei abends und am Wochenende die damals erforderliche Meisterschule besucht ( muss man heute in dem Beruf nicht mehr...) und nicht selten nachts noch weiter gearbeitet... direkt im Anschluss noch ein gutes Jahr an der Meisterschule Freihandzeichnen und Farbenlehre unterrichtet  und immer immer immer gearbeitet.  Eine 40 Stundenwoche hatte ich ruckzuck in 2,5 Tagen voll :)   .   Öhm, ich hab allerdings vorwiegend 6 bis 7 Tage die Woche gearbeitet als Raumausstatterin und Einrichterin.

Einer der für mich schönsten Berufe- knallhartes Handwerk wenn man Sofas die Treppen rauf und runterträgt um sie dann in der eigenen Werkstatt neu aufzuarbeiten und zu beziehen.  Eine komplett andere Welt wenn man auf feinen Einrichtungsmessen in neuen, sagenhaften  Stoffwelten schwelgen darf. Spannend, wenn man Kollektionen und Musterbücher einkauft... was für ein  Gefühl, wenn die Pakete ankamen und ich meine Schätze ausgepackt habe!

Auf oft sehr sehr persönliche Weise  habe ich zusammen mit meinen Kunden Stoffe ausgewählt und Ideen entwickelt... ja und immer auch selbst umgesetzt.  Ich habe Vorhangstangen montiert, Teppiche verlegt, hundertfach Möbel durch Häuser geschleppt und beim Abnehmen der Stoffe ein Zeugs entdeckt in den Untiefen von Sofas uns Sesseln- das glaubt einem niemand, was da alles so drin verschwinden kann!!!
Ich hab Wandbespannungen angefertigt, Hussen für Sofas und Stühle genäht... ich habe hunderte von Vorhängen gemacht, liebend gerne Raffrollos hundertpro exakt produziert. Tagesdecken habe ich gemacht und Betthäupter angefertigt und bezogen  und und und und und.
Ich konnte einige Büros mit Sonnenschutz versehen, durfte mit Innenarchitekten zusammenarbeiten... manches mal hatte ich Gelegenheit Kurioses anzufertigen, habe eine handvoll junger Leute in meinem Beruf ausgebildet- oder es immerhin versucht :)) .....    und zwischendurch spielte sich immer auch ein bisschen Leben ab.
Dieses war teilweise recht struppig, immer selbstbestimmt und hach.... schön wars! 
Meine Werkstatt war die meiste Zeit ein Loft.  Anfangs bis 200qmtr gross ( hat sich so ergeben....)  später kleiner, dann Notwerkstatt hier und da  und im letzten Jahr habe ich meine Werkstatt und mein Geschäft in einer kleinen, selbst umgebauten Scheune bei uns zuhause aufgemacht und angefangen zusätzlich  mit Stoffen ganz anderer Art zu handeln :   günstige Stoffe vorwiegend für Kinderbekleidung, schönes Nähzubehör ...

"Bei uns zuhause" ?
Jo, ich habe eine Tochter die nun 6 Jahre alt geworden ist - seitdem sie mir ins Leben gehuscht  ist glaube ich an Engel :) !  Auf etwas ungewöhnliche Weise haben wir unseren neuen Papa kennengelernt und mit gemeinsamen Sohnemann von 1,5 Jahren steh ich hier und denke mir:
 HÄ?   Kurz mal den Film anhalten bitte! 

Eine Weile habe ich versucht "das alles und noch mehr" mit meinem Beruf zu vereinbaren.

"geht nicht gibt es nicht"


Doch, das gibt es.   Und inzwischen gewöhne ich mich dran und übe mich darin, wieder hervorzuholen was ich noch alles kann und wer ich auch noch bin und was mir über die Jahre alles so abhanden gekommen ist.
Ich sammle sozusagen  lose herabhängende Fäden meines Lebens wieder auf  und gucke mal was da am anderen Ende dran hängt und ob ich das was ich da so entdecke (wieder) haben möchte.

Wir haben hier schöne Pläne für unser Zuhause. Nix von der Stange:  über die Zeit sind hier einige Fachwerkgebäude zusammengekommen, die zu neuem Leben zu erwecken unsere Lebensaufgabe sein wird.
Machen wir gerne.  Zukünftig ein bischen Selbstversorger, Hühner, Obstbäume, Gemüsegarten.
Der Schwerpunkt meines Lebens hat sich verändert:  Familie, Haustiere,  alles hier in Ordnung halten oder in Ordnung bringen,  meinem selbständig arbeitenden Mann zur Seite stehen. Ich bin ü-40 Mami.  Das erste Kind kommt im Sommer in die Schule- da haben andere Mütter in meinem Alter die ersten Kinder schon aus dem Haus.
Und ich steh da und denke mir:  "puuuh, so fit wie früher bin ich einfach nicht mehr. ... muss ich das denn überhaupt?"   Zum grossen Glück muss ich das eben nicht mehr.  Ich hab allerdings ne weile gebraucht um es als Glück wahrzunehmen.

Was werde ich tun?
Vorwiegend privat nähen, unter anderem meinen Blog hier -endlich- schön einladend herrichten und das eine oder andere zeigen.  Ich bin mir sicher, ich werde über kurz oder lang doch wieder ein Fass aufmachen:  kleiner Onlineshop, mich auf Märkten zeigen,  der eine oder andere Einrichtungskunde wird auch nach mir fragen.  Sollte das auf entspannte Weise machbar sein, bin ich dabei.


Aber erstmal alles auf Anfang!

Tschühüüs! Jetzt tatsächlich.






2 Kommentare:

  1. Wie schön,jetzt weiß ich etwas mehr über dich…Ü40-Mutter…lach..da bin ich auch…aber auch schon eine Ü25-Mutter gewesen ;-)
    Was du schon alles gemacht hast hört sich spannend an,aber auch danach,als würdest du wie ich jetzt erst ein bissel zur Ruhe kommen und gucken,was wirklich wichtig ist im Leben:-)..man wird ja irgendwann auch etwas "weiser" :-)
    liebe Grüße Tanja

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  2. Ja stimmt, ich nenne mein Leben ja immer gerne "struppig". Ich habe immer ein bisschen neben dem Standard hergelebt und musste mich dann auch sehr dran gewöhnen, ein " ganz normales Familienleben" zu leben. Jetzt- das hat vielleicht mit dem Alter zu tun- resumiere ich ein bisschen. Ich denke, das ist ganz normal... kleine Kurskorrekturen, wen oder was streicht mal aus dem Leben, was mag ich auch an mir selbst nicht mehr hergeben... was macht mich zufrieden und wer soll mich dabei begleiten im Leben. All so Sachen eben :) . Schön, von noch mehr Ü-40 Müttern zu wissen :)
    Liebe Grüsse!

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